Am 06. März 2023 fand die Online-Dialogveranstaltung zum Thema „Datenschutz im Wettbewerbsrecht und im gewerblichen Rechtsschutz“ statt. Die Veranstaltung wurde vom Deutsch-Chinesischen Programm Rechtskooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und der Zivilkammer III. für geistiges Eigentum des Obersten Volksgerichts organisiert und von sowohl chinesischen als auch deutschen Richtern und Experten aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts und des Datenschutzes besucht.
Die Bedeutung des Schutzes persönlicher Daten wurde als zentrales Thema diskutiert. Es ging um die missbräuchliche Nutzung von Daten durch Unternehmen, um sich ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu verschaffen oder ihre marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Die Referenten betonten, dass Datenschutz für den fairen Wettbewerb und um den Schutz der persönlichen Daten jedes einzelnen Bürgers zu gewährleisten wichtig sind.
Herr Li Jian, Vize-Kammerleiter, Zivilkammer III des Obersten Volksgerichts, betonte in seinen Begrüßungsworten die wachsenden Bedeutung von Daten in der modernen Gesellschaft und die damit einhergehende rechtliche Entwicklung. Die Dialogveranstaltung ziele darauf ab, den Austausch zwischen chinesischen und deutschen Richtern und Experten im Bereich der digitalen Wirtschaft und des Datenschutzes zu fördern, um so die Professionalisierung der Internet-Gerichtsbarkeit in beiden Ländern zu verbessern. Anschließend begrüßte Herr Dr. Marco Haase, Programmleiter des Rechtprogramms, die Teilnehmer und hob die Bedeutung des Schutzes persönlicher Daten und des Umgangs mit ihnen hervor. Er erklärte, dass Daten in der digitalen Ära ein entscheidender Faktor für die Wirtschaft sind und sich dies auf den Wettbewerb und den gewerblichen Rechtsschutz auswirkt. Zum einen wurde im Jahr 2020 das chinesische Gesetz zum Schutz persönlicher Daten verabschiedet, was zeigt, dass China sich auf dem Gebiet der Datenschutzgesetzgebung weiterentwickelt hat. Zum anderen hat die EU bereits seit einigen Jahren gute Erfahrungen bei der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gesammelt. In diesem Zusammenhang besteht eine gute Grundlage für einen Austausch und wechselseitiges Lernen zwischen beiden Seiten.
Im ersten Themenblock ging es um den Rechtsrahmen für den Datenschutz im Bereich des Wettbewerbsrechts. Die Referenten waren Professorin Zhang Chenying von der Tsinghua Universität und Professor Dr. Ansgar Ohly von der Ludwig-Maximilians- Universität München. Professorin Zhang Chenyin definierte zunächst den Begriff der Daten und der verschiedenen Arten von Datenkategorien sowie deren Eigenschaften. Sie argumentierte, dass das Datenrechtssystem auf der Festlegung von Verfügungsmacht und Verhaltensregeln im Zusammenhang mit Daten basieren sollte und dass die Datenaufsicht aus der Perspektive des Anti-Monopolgesetzes durchgeführt werden sollte. In ihrem Vortrag präsentierte sie unterschiedliche Herausforderungen bei der Regulierung von Monopolen im Bereich persönlicher Daten und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung aus der Perspektive des Kartellrechts. Abschließend forderte sie die Entwicklung eines umfassenden Rechtsrahmens. Professor Dr. Ansgar Ohly diskutierte in seinem Beitrag die Durchsetzung der DSGVO durch das Recht gegen unlauteren Wettbewerb. In der anschließenden Diskussion ging es um die breite Anwendung der allgemeinen Klausel des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und dessen Äquivalente in China und wie diese 2004 durch spezifische Bestimmungen vermieden wurde. Außerdem gab es Fragen zum Facebook-Urteil des Bundesgerichtshofes und dazu, wie mit einer Verteilung von Daten eine marktbeherrschende Stellung eines Datenverarbeiters vermieden werden kann.
Nach einer Pause ging es mit dem zweiten Themenblock zur Rechtsprechung zum Datenschutz bei Streitigkeiten um geistiges Eigentum weiter. Referenten dazu waren Frau Zhang Xiaomei, Vizepräsidentin des Mittleren Volksgerichts Xiong-An und Professor Dr. Thomas Regenfus, Richter am Oberlandesgericht Nürnberg und Professor an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Frau Zhang Xiaomei referierte über die Stärkung der digitalen Wirtschaft in China durch die Anwendung von Rechtsvorschriften gegen unfairen Wettbewerb. Die Gerichte haben in den letzten Jahren Regelungen für die digitale Wirtschaft entwickelt, um neue Technologien zu fördern, das Wohl der Verbraucher zu schützen und den Schutz von geistigem Eigentum zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt auf der angemessenen Anwendung von Datenschutz- und Datensicherheitsgesetzen sowie der Bestimmung der rechtlichen Verantwortung für neue Geschäftsmodelle. Der Vortrag von Professor Dr. Regenfus behandelte den Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Datenschutz in Bezug auf geistiges Eigentum. In Deutschland gibt es keine Behörde mit Aufsichtsbefugnissen laut Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, was eine Ausnahme darstellt. Stattdessen funktioniert der Markt durch die Abmahnung von Mitbewerbern und Verbänden – also durch die sogenannte „unsichtbare Hand des Marktes“. Dabei wurde zwischen faktischem Schutz (Schutz vor Kenntnisnahme durch Dritte, insbes. Mitbewerber) und rechtlichem Schutz (Offenbarung von Informationen, da dies notwendig ist, aber Schutz durch Staat wie durch Patente, Marken oder Urheberrechte) unterschieden. Anschließend gab es Fragen zum Interessenkonflikt zwischen Verbrauchern und Unternehmen bei der Datensammlung und das Gleichgewicht zwischen Datenschutz und effizienter Nutzung von Daten. Im Zweifelsfall ist der Datenschutz wichtiger, da es sich um ein Individualrecht handelt.
Abschließend stellte Herr Li Jian noch drei Fragen für die Zukunft zur Einbeziehung des Datenschutzes in den Schutz geistigen Eigentums, die Feststellung von Datenrechten und den Umgang mit rechtwidrigem Wettbewerbsverhalten. Er betonte, dass die Veranstaltung das gegenseitige Verständnis vertieft hat und neue Perspektiven für den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden Chinas und Deutschlands im Datenschutz und beim Schutz geistigen Eigentums eröffnet. Herr Norbert Feige, Rechtsberater im Rechtsprogramm erklärte abschließend, wie Daten zu einem wichtigen Wirtschaftsgut geworden sind und von Unternehmen genutzt werden, um Geschäfte zu tätigen und Innovationen voranzutreiben. Er betont jedoch, dass auch die Interessen von Mitbewerbern und Verbrauchern berücksichtigt werden müssen und dass die Gerichte eine ausgewogene Balance zwischen den verschiedenen Parteien finden müssen.