Am 28. September 2022 veranstaltete das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Peking in Kooperation mit der Rechtsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China einen Online-Workshop zum Thema „Kodifizierung und Rechtssystem“.
Rechtssysteme stehen weltweit vor der Herausforderung, dass infolge des technischen Fortschritts immer schwieriger werdende Sachverhalte gesetzlich geregelt werden müssen. Als mögliche Lösung bietet sich hier die Kodifikation an, also die systematisch geordnete abschließende gesetzliche Regelung eines Rechtsgebiets. Dieses Instrument hat in Deutschland eine lange Tradition. Dort sind das Bürgerliche Gesetzbuch, aber auch das Strafgesetzbuch und das Sozialgesetzbuch prominente Beispiele für Kodifikationen. Aber auch in China gibt es solche Kodifikationen, z.B. das 2021 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch.
Technischer Fortschritt, vor allem aber politische und gesellschaftliche Entwicklungen erfordern zudem die permanente Überprüfung und erforderlichenfalls die Modernisierung und Bereinigung des geltenden Rechts.
Der Online-Workshop bot die Gelegenheit, den chinesischen Teilnehmern und Teilnehmerinnen einen Überblick über das deutsche Rechtssystem zu vermitteln, die Vor- und Nachteile von Kodifikationen zu erörtern und Beispiele für die gesetzliche Regelung von neuen, komplexen Sachverhalten vorzustellen.
Die Veranstaltung wurde durch Herrn Dr. Marco Haase, Programmleiter des Deutsch-Chinesischen Programms Rechtskooperation, sowie durch Frau Jia Hongmei, Leiterin des Generalbüros der Rechtsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, eröffnet.
Danach ging Herr Prof. Dr. Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in seinem Beitrag auf das deutsche Rechtssystem mit seiner Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht, auf Kodifikationen mit ihren Vor- und Nachteilen sowie auf die Bereinigung und Modernisierung des Rechts ein.
In Anschluss daran stellte Herr Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zwei aktuelle Beispiele für Gesetzgebungsvorhaben vor, zum einen den zur Zeit diskutierten Entwurf einer EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz, zum anderen das seit Juli 2021 geltende deutsche Gesetz zum autonomen Fahren.
Die beiden Beiträge leiteten in die anschließende lebhafte Diskussions- und Fragerunde über. Hier wurden unter anderem die Fragen erörtert, welche Schwierigkeiten sich bei der umfassenden Regelung eines Rechtsgebietes durch Kodifikationen ergeben können, wie der Gesetzgeber Änderungen in der Zuständigkeit von Behörden berücksichtigen kann, ob eine zu weitgehende gesetzliche Regelung und eine damit verbundene behördliche Kontrolle technischen Fortschritt verhindert und welche verfassungsrechtlichen Grenzen es in Deutschland beim Einsatz von künstlicher Intelligenz gibt.
Zum Abschluss der Veranstaltung äußerte Frau Jia Hongmei das Interesse der Rechtsarbeitskommission an der Fortsetzung der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit im Bereich der Normensetzung. Das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation wird diese Zusammenarbeit weiter unterstützen und fördern.