Am 26. und 27. Januar 2021 führte das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Online-Workshop zur Verbrauchsteuergesetzgebung und -reform durch. Die Anfrage zur Veranstaltung kam von der Haushaltsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses der VR China. Sie geht auf das Interesse der chinesischen Regierung zurück, die im Gesetzgebungsplan des 13. Nationalen Volkskongresses der VR China aufgelistete Verbrauchsteuergesetzgebung voranzutreiben und dabei auch internationale Erfahrungen und „best practices“ einfließen zu lassen.
Eröffnet wurde der Workshop durch Herrn Wang Wenyue, Leiter der Rechtsabteilung der Haushaltsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses.
Die Verbrauchsteuer als wichtige Steuer in Chinas Steuersystem wird derzeit hauptsächlich auf die Produktions- und Importvorgänge erhoben. Alle Einnahmen der Verbrauchsteuer fließen der Zentralregierung zu. Besteuert werden dabei unter anderem Tabak, Alkohol, raffiniertes Öl, Automobile, Kosmetika, kostbarer Schmuck und Jade, Feuerwerkskörper, Golfbälle und Golfausrüstung, Luxus-Armbanduhren, Yachten, Einweg-Essstäbchen aus Holz und Massivholzböden. Seit ihrer Einführung im Jahr 1994 fanden mehrere wichtige Reformen zur Verbrauchsteuer statt. Gegenwärtig soll die Gesetzgebung zur Verbrauchssteuer reformiert werden, wobei der Hauptinhalt der Reform darauf gerichtet ist, die Verbrauchsteuer schrittweise wieder auf den Groß- oder Einzelhandel und zu Gunsten der lokalen Gebietskörperschaften zu erheben. Der Gesetzentwurf des chinesischen Verbrauchsteuergesetzes war am 03. Dezember 2019 durch das Chinesische Finanzministerium und den Staatsrat zur öffentlichen Befragung der Bürgerinnen und Bürger veröffentlicht worden.
Im Zentrum der Veranstaltung stand in der Folge die Vorstellung ausgewählter Aspekte des europäischen und deutschen Steuerrechts, insbesondere des Verbrauchsteuerrechts. Hierzu wirkten vier Referenten aus dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) an dem Online-Workshop mit, nämlich die Referatsleiterin Frau Dr. Bettina Lang, ihre Kollegin Frau Bauerfeld und ihren Kollegen, Herr Dr. Björn Lay und Herr Wilhelm Rißmann.
Ein erster Teil verschaffte den chinesischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine allgemeine Einführung zu den Verbrauchsteuern in Deutschland. Zu diesen Steuern gehören Energie-, Tabak-, Strom-, Kaffee-, Alkohol-, Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuern als Bundessteuern sowie die Biersteuer als eine den Ländern zustehende Steuer. Verbrauchsteuern machen ca. acht Prozent des gesamten deutschen Steueraufkommens aus, welches sich 2019 auf insgesamt 800 Milliarden Euro belief. Dabei gingen die Experten auch auf das Verbrauchsteuerrecht der Europäischen Union ein, insbesondere auf die EU-Verbrauchsteuersystemrichtlinie, die EU-Strukturrichtlinie und die EU-Steuersatzrichtlinie. Sie stellten ferner die der deutschen Verbrauchsteuergesetzgebung zugrunde liegende Grundkonzeption im Besteuerungssystem der deutschen Verfassung,des Grundgesetzes, in Bezug auf Verwaltungs-, Gesetzgebungs- und Ertragskompetenz dar.
Im Anschluss an die jeweiligen Vorträge diskutierten die Teilnehmer intensiv über die Behandlung der sogenannten Steuerlager in Bezug auf Verbrauchsteuern, das EMCS (Exercise Movement and Control System) der EU, und über die Auswirkungen der EU-Verordnungen und -Richtlinien in Bezug auf Verbrauchsteuern auf das nationale Recht der Mitgliederstaaten. Zur Sprache kamen auch einzelne deutsche Verbrauchsteuern auf Tabakwaren, Bier, Kaffee und Alkopops, bei denen die Steuer nicht nur dem Staat Einnahmen verschaffen, sondern auch den Verbrauch der Produkte begrenzen soll.
Bis auf die Biersteuer, welche den Bundesländern zugute kommt, stehen alle Verbrauchsteuern dem Bund zu. Das Bundesministerium der Finanzen ist gerade mit einer Klage über die umstrittene Kaffeesteuer in Deutschland konfrontiert. Am 24. Januar 2019 hatte die EU-Kommission Deutschland aufgefordert, die Importbeschränkungen beim Kaffee zu lockern.
Der zweite Veranstaltungstag hatte die deutschen Verbrauchsteuergesetze mit den Schwerpunkten Alkoholsteuerrecht, Energiesteuerrecht und Stromsteuerrecht zum Gegenstand. Im Anschluss an die jeweiligen Vorträge stellten chinesische Teilnehmer Fragen zu Themen wie der Erhebung der Stromsteuer, Benzinsteuer und Dieselsteuer, dem Verhältnis zwischen Energiesteuerbefreiung und Subventionen des Bundes, dem Inhalt des jährlich vom Bundesministerium der Finanzen eingereichten Subventionsbericht an die EU-Kommission, die der Steuer auf E-Zigaretten, die CO2-Steuer in Deutschland sowie der Steueraufsicht im Bereich der Raffination von Mineralöl.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung kamen vorwiegend aus den Haushaltsarbeits- und der Rechtsarbeitskommissionen des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses sowie vereinzelt aus dem chinesischen Justiz- und Finanzministerium und aus der staatlichen Steuerverwaltung. Eine Teilnehmerbefragung zu der Veranstaltung hat nicht nur gezeigt, dass sich das Verständnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur deutschen Verbrausteuergesetzgebung wesentlich verbessert hat. Da die Veranstaltung auch das Interesse an einem erweiterten Austausch unterstrich, wird das Rechtsprogramm den fortlaufenden bilateralen fachlichen Austausch zum Thema auch künftig und unter Einbeziehung der Referenten vertiefen.