Am 18. und 19. April 2018 veranstaltete das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation gemeinsam mit der Rechtsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses einen Workshop zur abstrakten Normenkontrolle. Auf chinesischer Seite nahmen Herr LIANG Ying, Leiter der Abteilung für Gesetzesregistrierung und Normenüberprüfung der Rechtsarbeitskommission, Frau JIA Hongmei, Leiterin der Forschungsabteilung der Rechtsarbeitskommission und Frau TIAN Yanmiao, stellvertretende Leiterin der Abteilung für Gesetzesregistrierung und Normenüberprüfung der Rechtsarbeitskommission, sowie neun weitere Mitarbeiter der Rechtsarbeitskommission an der Veranstaltung teil.
Am ersten Tag referierten die deutschen Experten Dr. Martin Hollands, Referent im Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Dr. Christian Reitemeier, stellvertretender Abteilungsleiter im Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und Prof. Dr. Winfried Kluth, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Richter am Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt a.D., über die Grundlagen und das Verfahren der Normenkontrolle, die Normenhierarchie, Normfehler und Normerhaltung sowie das Gesetzgebungsverfahren. Zudem wurde besprochen, was nach deutscher Auffassung eine „gute Gesetzgebung“ ausmacht. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere auf die Methodik der Rechtsetzungslehre, die Erkenntnisquellen des Gesetzgebers und die Gesetzfolgenabschätzung eingegangen. Am zweiten Tag des Workshops wurden Maßstäbe der Normenkontrolle anhand von Fallbeispielen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erläutert. Die Experten stellten dabei insbesondere das System der Kollisionsregeln sowie die Funktion der Grundrechte und Verfassungsprinzipien als Maßstab der Normenkontrolle dar.
Im Anschluss an die Vorträge stellten die chinesischen Teilnehmer zahlreiche Fragen an die deutschen Experten. Auf besonderes Interesse stieß dabei die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern in Deutschland. Einen weiteren Schwerpunkt der Diskussion bildete die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde in Deutschland und die damit verbundene Frage nach der Beschwerdebefugnis des Bürgers. Denn anders als in Deutschland existiert in China bislang kein Gericht, das ausschließlich mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Entscheidungen beauftragt ist.
Die Veranstaltung war gezeichnet von einem großen Interesse und einem regen Austausch der Teilnehmer. Beide Seiten äußerten daher den Wunsch nach einer Fortführung und Vertiefung des deutsch-chinesischen Dialogs zum Thema „gute Gesetzgebung“.