Gemeinsam mit der Haushaltsarbeitskommission (Budget Affairs Commission, BAC) des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses der VR China organisierte das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in der Zeit vom 30. Juni bis 9. Juli 2024 eine Fachinformationsreise zum Thema Staatsverschuldung. Die sechsköpfige Delegation wurde geleitet von Vizeminister XIA Guang, Mitglied des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (NVK) und stellvertretender Vorsitzender der Haushaltsarbeitskommission. Hintergrund der Reise sind die Anstrengungen der chinesischen Führung, die öffentliche Verschuldung, insbesondere der Lokalregierungen, unter Kontrolle zu halten.
In Paris besuchte die Delegation die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Margit Molnar, Ján Stársky, Müge Adalet McGown, Alvaro Pina und Yvan Guillemette stellten die Staatsverschuldungssituation und die institutionellen Rahmenbedingungen in ausgewählten OECD-Ländern vor und berichteten über Empfehlungen zur Schuldenreduzierung und zur Schaffung finanzieller Spielräume. So schlug Frau Molnar beispielsweise für China vor, den Lokalregierungen im Bereich Bildung und medizinischer Versorgung mehr Aufgaben zu übertragen und die Finanzausstattung der Lokalregierungen an die ihnen übertragenen Aufgaben anzupassen.
Im Haag empfing Herr Joost Sneller, Vorsitzender des Ausschusses für öffentliche Ausgaben der zweiten Kammer des niederländischen Parlamentes (Tweede Kamer der Staten-Generaal), die Delegation und führte ein Fachgespräch über die Rolle des Parlaments bei der Kontrolle der Staatsverschuldung.
Im Finanzministerium der Niederlande stellte Herr Allard Postma den Rahmen der niederländischen Fiskalpolitik, insbesondere die Funktion von Ausgabenobergrenzen gemäß einer mehrjährigen Finanzplanung, vor. Er betonte die Bedeutung von unabhängigen Fiskalinstitutionen wie dem niederländischen Büro für wirtschaftspolitische Analysen (Centraal Planbureau, CPB). Herr Roy Staal ging bei der Vorstellung der Finanzierung der lokalen Gebietskörperschaften insbesondere darauf ein, nach welchen Kriterien die Zentralregierung staatliche Mittel verteilt und welche Möglichkeiten die Gebietskörperschaften haben, eigene Einnahmen zu erzielen.
In Berlin stellte Dr. Marco Haase, Leiter des Deutsch-Chinesischen Programms Rechtskooperation der GIZ, den Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland vor und berichtete über die Schuldensituation in Deutschland. Prof. Dr. Markus Heintzen, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Steuerrecht an der Freien Universität Berlin erläuterte die verfassungs- und europarechtlichen Grenzen der Staatsverschuldung in Deutschland. Er erörterte insbesondere das Verschuldungsverbot des Grundgesetzes sowie dessen Ausnahmen und stellte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Bundeshaushaltes 2023 vor. In der Diskussion kam die Delegation insbesondere auf das Verhältnis der verfassungs- zur europarechtlichen Schuldenbegrenzung zurück.
Stefan Anton, Hauptreferent des Deutschen Städtetags, berichtete über die Verschuldungssituation der deutschen Gemeinden. Das Fachgespräch betraf insbesondere die Gründe für die Verschuldung der Gemeinden, die Maßnahmen zur Reduzierung einer übermäßigen Verschuldung sowie die Verantwortung von Bund und Ländern für die kommunalen Finanzen.
Am Freitag früh empfing der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Prof. Dr. Helge Braun, die Delegation im Paul-Löbe-Haus des Bundestags und informierte die Delegation über die Diskussion zum Bundeshaushalt 2025. Im Anschluss führte die Delegation ein Fachgespräch mit den Mitgliedern des Haushaltsausschusses Prof. Dr. Helge Braun, Herrn Dr. Yannick Bury (CDU/CSU), Frau Dr. Ingeborg Gräßle (CDU/CSU) und Herrn Karsten Klein (FDP) über die unterschiedliche Sicht der Fraktionen im Bundestag auf die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Die Vertreter der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen waren aus aktuellem Anlass verhindert.
Im Bundesministerium der Finanzen stellte Frau Dr. Judith Hermes, Leiterin der Abteilung für Europapolitik und internationale Finanzpolitik, die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie die europäischen Fiskalregeln vor. Herr Dr. Heinen, Leiter der Abteilung für finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen, sprach über die aktuelle wirtschaftliche und finanzpolitische Situation in Deutschland, die Schuldenbremse des Grundgesetzes und die Bedeutung der deutschen Fiskalpolitik für die Stabilität des Euro.
Am Freitagnachmittag besuchte die Delegation das Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg. Herr Ulrich Hartmann, Leiter der Haushaltsabteilung, sowie die Referatsleiter Dr. Frank Rehbein und Peter Struppek erläuterten die Bedeutung der grundgesetzlichen Schuldenbremse für das Land Brandenburg, stellten die Verschuldungssituation der Kommunen in Brandenburg vor und erklärten das Schuldentilgungsprogramm des Landes Brandenburg. Die Delegation stellte u.a. Fragen zu den Gründen für die kommunale Verschuldung, den Kreditgebern kommunaler Schulden und der Funktionsweise des brandenburgischen Entschuldungsprogramms.
Am letzten Tag der Reise stellten im Hessischen Ministerium der Finanzen in Wiesbaden Herr Patrik Kraulich, stellv. Leiter der Abteilung Staatsvermögens- und -Schuldenverwaltung, kommunaler Finanzausgleich und Bau- und Immobilienmanagement, sowie Frau Dr. Kerstin Kümpel und Herr Kai Hofmann die Schuldenbremse in der hessischen Verfassung, die Verschuldungssituation der hessischen Gemeinden sowie das Programm zur Entschuldung der Gemeinden über das Sondervermögen der Hessenkasse vor.
Zum Schluss besuchte die Delegation die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH in Frankfurt am Main. Frau Eva Grunwald, Mitglied der Geschäftsführung, Herr Thomas Weinberg, Leiter des Bereichs Handel & Emissionsgeschäft, sowie Herr Christian Wellner, Leiter des Bereichs Strategie, erläuterten die Aufgaben der Finanzagentur, im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen als Bundesunternehmen Finanzdienstleistungen für den Bund, wie die Sicherstellung der Liquidität des Bundes oder die Emission von Bundeswertpapieren, zu erbringen. Dabei hoben sie insbesondere die Bedeutung grüner Bundeswertpapiere als Teil der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie hervor.