Im November 2019 führte eine Fachinformationsreise des Deutsch-Chinesischen Programms Rechtskooperation zu „Rahmenbedingungen für Vertrauen in der Wirtschaft“ eine Delegation der Abteilung für Kreditaufsicht des Staatlichen Amtes für Marktregulierung (SAMR) unter Leitung von Frau LIU Lin nach Deutschland. Hintergrund der Reise sind die Vertrauensdefizite zwischen den Akteuren der chinesischen Wirtschaft und Probleme in der Produktqualität, denen die Regierung unter anderem mit dem von SAMR verwalteten Offenlegungsregister für Unternehmen und Einzelkaufleute begegnen will.
Das Offenlegungsregister soll als Metaregister die der Verwaltung vorliegenden Daten zu Finanzberichten, Genehmigungen, verwaltungsrechtlichen Sanktionen etc. erfassen und offenlegen. Während der Fachinformationsreise wurde der Delegation die deutsche Herangehensweise an die Erfassung der Daten von Wirtschaftsakteuren erläutert. Zentral standen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Erfassung und Nutzung von Daten, Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene sowie die Aufgabenverteilung zwischen Wirtschaft und Staat.
Zum Auftakt machte sich die Delegation bei einem Gespräch beim Verband der Vereine Creditreform e.V. mit der starken Rolle der Wirtschaft selbst vertraut. Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung und Mitglied der Geschäftsleitung informierte zusammen mit Kolleginnen und Kollegen über die wichtige Rolle privater Wirtschaftsauskunfteien als Dienstleister in einer arbeitsteiligen Wirtschaft und erläuterte die rechtlichen Rahmenbedingungen für deren Tätigkeit. Von der in Deutschland vor allem ergänzenden Rolle des Staates konnte sich die Delegation beim Bundesamt für Justiz in Bonn überzeugen. Dessen Präsident Heinz-Josef Friehe empfing die Delegation und hatte zusammen mit seinen Kollegen detaillierte Informationen zum Gewerbezentralregister, in welchem Verwaltungs- und Bußgeldentscheidungen sowie bestimmte rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen von Gewerbetreibenden vermerkt sind, vorbereitet.
Ein Gesprächs- und Diskussionstermin führte die Delegation anschließend zur Ludwig-Erhard-Stiftung. Für die Stiftung erläuterten Berthold Barth und Natalie Furjan die Bedeutung gegenseitigen Vertrauens für die Wirtschaft und wie die Instrumente der Sozialen Marktwirtschaft im gesteckten rechtlichen Rahmen im wesentlichen selbsttätig dafür sorgen. Wie weitreichend dies gilt, zeigte sich in einem Gespräch bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dort zeichneten Marie Pendzich und Andreas Dlugi die Arbeitsteilung zwischen Staat und Wirtschaft bei Produktsicherheit und Produktrückrufen nach. Im Fokus stand hierbei die Eigenverantwortung der Wirtschaft, die zwar durch staatliche Maßnahmen begleitet wird, durch freiwillige Maßnahmen jedoch vielfach ohne staatliches Tätigwerden selbstregulierend ist.
Den Abschluss der Reise bildeten zwei Gespräche in Berlin. Zunächst empfingen im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Thomas Solbach, Leiter des Referates „Öffentliche Aufträge; Vergabeprüfstelle; Immobilienwirtschaft“ und sein Referent Simon Schwerdtfeger zusammen mit Boris Böhme, Leiter des Referates „Produkt- und Anlagensicherheit“ die chinesische Delegation. Sie erläuterten die Funktionsweise, Zielrichtung und den Rechtsschutz des neuen Wettbewerbsregisters bei öffentlichen Aufträgen in Deutschland. Welch wichtige Rolle von Staat und Unternehmen gänzlich unabhängige Stellen für Produktqualität, -sicherheit und Verbrauchervertrauen spielen können, brachte Ute Bränzel für die Stiftung Warentest den Mitgliedern der Delegation näher. Sie zeichnete nach, wie die Stiftung Warentest durch ihre nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten vergleichenden Warentests nachhaltig dazu beiträgt, Produkte sicherer und besser machen und dass hierfür eine auf Pressefreiheit beruhende Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar ist.
In sämtlichen Gesprächen zentral stand die Frage, wie genau die chinesische Regierung die einschlägigen Verantwortungs- und Einflussbereiche zukünftig einteilen sollte. Die während der Reise erhaltenen Informationen werden im Nachgang in die weitere Arbeit von SAMR einfließen. Es gilt nämlich – so die Delegationsleiterin LIU Lin, nicht weniger als die richtige Balance entlang eines vierstufigen Systems von Eigenverantwortung von Unternehmen, gestärkten Verbänden und wirtschaftlichen Interessenvertretungen, Öffentlichkeitsinformationen und direkter staatlicher Überwachung als letzter Stufe zu finden.