Rund 300 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus ganz China nahmen Ende August in Jishou – Provinz Hunan –an einer einwöchigen Fortbildung teil. Ein Teil dieses Kurses wurde durch das Deutsch-Chinesische Programm Rechtskooperation in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut der Obersten Volksstaatsanwaltschaft organisiert. Am 21. und 22. August 2018 gaben drei deutsche Rechtsexperten Vorlesungen zu verschiedenen Aspekten des deutschen Strafrechts. Professor Dr. Dr. h.c. mult. Schünemann von der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach über Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld im deutschen Strafrecht. Oberstaatsanwältin Dr. Böhmer von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth informierte ihre chinesischen Kollegen und Kolleginnen über verschiedene organisatorische Fragen der deutschen Staatsanwaltschaft. Ebenso wurden die juristische Ausbildung in Deutschland und die Regelungen für die Einstellung, Versetzung und Entlassung von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie das Weisungsrecht vorgestellt und diskutiert. Dr. Schlichte, Programmleiter des Deutsch-Chinesischen Programms Rechtskooperation und Richter am Amtsgericht Hamburg, sprach über die Strafzumessung im deutschen Strafrecht. Ein fiktiver Fall diente als Ausgangspunkt für eine Diskussion zur Strafzumessung in der deutschen und chinesischen Rechtsprechungspraxis.
Die Experten beantworteten Fragen zu den Themen des Kurses und darüber hinausgehende Fragen zum Straf- und Strafprozessrecht und zur Rechtspraxis in Deutschland. Daraus ergaben sich lebhafte Diskussionen über Themen wie den Einfluss der öffentlichen Meinung auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft, die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft und die Unabhängigkeit der Justiz.