Der Richteraustausch zwischen dem Bundesland Hessen und den Provinzen Zhejiang und Anhui besteht seit 2017. Nunmehr besuchte die zweite chinesische Delegation im Rahmen dieses Austausches das Land Hessen. Im Mittelpunkt des diesjährigen Besuchs von zwölf chinesischen Richtern in Hessen standen die Themenkomplexe Strafverfahren, Verwaltungsrecht und Zwangsvollstreckung.
Die Reise begann am 24.10.2018. Nach ihrer Ankunft wurde die Delegation von Herrn Metz, Staatssekretär im Hessischen Justizministerium, und von Herrn Dr. Wolf, Präsidenten des Landgerichts Frankfurt am Main, begrüßt. Nach der Begrüßung und einer Stadtführung begann am Folgetag der fachliche Austausch mit dem Besuch einer mündlichen Verhandlung eines Berufungsverfahrens, in dem es um zivilrechtliche Schadenersatzansprüche ging und die durch Herrn Dr. Poseck, Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt, geleitet wurde. Durch den Verhandlungsbesuch erhielt die Richterdelegation einen ersten Einblick in die deutsche Rechtspraxis, der sodann durch einen Vortrag über das deutsche Rechtssystem vertieft wurde. In einem anschließenden Workshop wurden von deutschen Richterkollegen die Struktur des Gerichtsaufbaus, die Fachgerichtsbarkeiten und der Instanzenzug in Deutschland, das richterliche Statusrecht sowie die Richterausbildung in Deutschland vorgestellt und aktuelle Herausforderungen für die Justizverwaltung erörtert. Besonders die praktische Ausgestaltung der richterlichen Unabhängigkeit in Deutschland stieß auf großes Interesse der chinesischen Richterdelegation.
Am 26.10.2018 besuchte die Delegation das Verwaltungsgericht Frankfurt. Dort wurde sie von dessen Präsidenten, Herrn Dr. Gerster, empfangen. In einem anschließenden Fachtermin wurden die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland und die Organisation des Verwaltungsgerichts Frankfurt erörtert. Anschließend berichteten chinesische Delegationsteilnehmer über Maßnahmen zur Vereinfachung des Verfahrens und über das Rechtinstitut des Vertreters des öffentlichen Interesses in China. Durch den anschließenden Besuch einer Verhandlung über Haus- und Grundstücksanschlusskosten wurde der deutsche Verwaltungsprozess den chinesischen Gästen besonders anschaulich. Zudem wurden die chinesischen Richterkollegen aus aktuellem Anlass in das Wahlsystem in Hessen eingeführt.
Am 29.10.2018 fuhr die Delegation nach Wetzlar und besuchte das dortige Amtsgericht. Nach einer Begrüßung durch dessen Direktor, Herrn Dr. Lauber-Nöll, besuchte die Delegation drei familiengerichtliche Verhandlungen. Es folgte ein Besuch des Reichskammergerichtsmuseums, durch den ein wichtiger Teil der deutschen Blick Rechtsgeschichte beleuchtet wurde.
Am 30.10.2018 besuchte die Delegation das Landgericht Frankfurt. Der Besuch begann mit dem Besuch einer Verhandlung in einer Strafsache, in dem es um versuchten Betrug zu Lasten der Krankenkasse ging. Nach der Verhandlung erhielt die Delegation in einem Workshop einen Überblick über das deutsche Strafverfahren. Die chinesische Seite berichtete im Gegenzug über Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung von Justizirrtümern im Strafprozess in China. Abgerundet wurde dieser Austausch durch die Erörterung der aussagepsychologischen Perspektive von Justizirrtümern mit Beispielen aus der deutschen Praxis. Im Gegenzug stellte die chinesische Seite einige Fallbeispiele der Behandlung von Justizirrtümern in der Fallbearbeitung vor.
Am 31.10.2018 fuhr die Delegation nach Wiesbaden und besuchte das dortige Amtsgericht. Nach einem Empfang durch dessen Präsidentin, Frau Fritz, folgte ein Workshop zum Thema Zwangsvollstreckung und Zwangsversteigerung. Die Delegation hospitierte sodann bei einem Zwangsversteigerungstermin. Nach der Versteigerung berichteten chinesische Teilnehmer über die Situation der Zwangsvollstreckung und -versteigerung in China.
Mit einem Besuch bei der Justizvollzugsanstalt in Frankfurt am 1.11.2018 wurde der fachliche Austausch abgeschlossen.