Mit einer feierlichen Eröffnungsveranstaltung begann am 18. September 2017 das fünftägige 10. Deutsch-Chinesische Richterseminar an der Nationalen Richterakademie in Peking. Es wurde auf chinesischer Seite von der Nationalen Richterakademie und auf deutscher Seite vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) in Kooperation mit dem Deutsch-Chinesischen Programm Rechtskooperation veranstaltet. Die Vertreter der Nationalen Richterakademie, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, des BMJV und der GIZ in China blickten in ihren Grußworten auf zehn Jahre fachlichen und persönlichen Austausch zwischen deutschen und chinesischen Richterinnen und Richtern im Rahmen dieses nun schon traditionsreichen Seminars zurück.
Seminarthema waren aktuelle Fragen des Beweises im Strafprozess. Impulsvorträge deutscher und chinesischer Richterinnen und Richter zu den einzelnen Themenkomplexen boten den Anstoß für lebhafte Diskussionen, etwa zur Aufgabenverteilung zwischen den Strafverfolgungsbehörden, zu Beweisverboten im Strafprozess, zu Pflichten des Zeugen und Zeugnisverweigerungsrechte, zur Untersuchungshaft und zur Stellung des Strafverteidigers in beiden Ländern.
Gespräche mit chinesischen Strafverteidigern im Rahmen eines Besuchs bei der Allchinesischen Rechtsanwaltsvereinigung (ACLA), ein Besuch beim Obersten Volksgericht mit einer Einführung in die Digitalisierung der chinesischen Justiz sowie der Besuch einer Hauptverhandlung an einem Pekinger Instanzgericht erweiterten das Bild der 14 deutschen Richterinnen und Richtern vom chinesischen Justizsystem um Eindrücke aus der chinesischen Justizpraxis. Im Gegenzug führten die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren 31 chinesischen Kolleginnen und Kollegen in einem spontan inszenierten mock trial – einer nachgespielten Gerichtsverhandlung – den Gang einer typischen Hauptverhandlung an einem deutschen Landgericht vor.
Gerade der Blick auf die praktische Umsetzung der strafprozessualen Normen wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als besonders bereichernd empfunden. In der Abschlussrunde sprachen sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Fortsetzung dieser Art von fachlichem Dialog aus.